Die Hängebrücke im Marterloch: Natur, Geschichte und ein bisschen Nervenkitzel

Tauche ein in ein unvergessliches Erlebnis und erkunde die atemberaubende Hängebrücke über das Marterloch. Mit 130 Metern Höhe und 270 Metern Länge bietet sie dir einen spektakulären Ausblick und eine spannende Herausforderung.

Der Weg zur Brücke folgt einem historischen Saumpfad, der über Jahrhunderte die einzige Verbindung zwischen Bozen und dem Sarntal war. Wandere auf den Spuren der früheren Händlerinnen, Bauern sowie Reisenden, die diese Strecke einst mühevoll bewältigten, und erlebe die Faszination einer historischen Route inmitten eindrucksvoller Natur.

Infotafeln und Geschichte

Entlang des Weges laden Infotafeln zum Verweilen ein. Erfahre spannende Details zur Geschichte dieser Gegend, zur Konstruktion der Hängebrücke und zur unter ihr verlaufenden Wasserleitung, die seit 2023 die Bewässerung von 200 Hektar landwirtschaftlicher Flächen in Jenesien ermöglicht.

Start in Bundschen oder Afing

Beginne deine Wanderung in Bundschen oder Afing und folge jeweils dem Wanderweg Nr. 1, der in die Felsenschlucht des Marterlochs führt.

Einst war diese Schlucht eine Schlüsselstelle des Saumpfades ins Sarntal – heute wird sie von einer modernen Hängebrücke überspannt, während der alte Steig erhalten blieb und Einblicke in die bewegte Geschichte dieses Weges bietet.

Nach der Überquerung der Hängebrücke hast du du mehrere Möglichkeiten:

Von Bundschen kommend: Weiter nach Afing und Halbweg

Wandere Richtung Afing und steige anschließend nach Halbweg ab. Von dort bringt dich der öffentliche Linienbus bequem zurück nach Bundschen.

Dauer: ca. 3 Stunden.

Von Afing kommend: Weiter nach Bundschen

Folge dem Weg Richtung Bundschen. Von dort kannst du im Stundentakt mit dem Linienbus nach Afing zurückfahren (Umstieg an der Abzweigung Jenesien).

Dauer: ca. 3 Stunden.

Rückweg über den Saumpfad

Für Abenteuerlustige und Trittsichere: Steige über den alten Saumpfad in das Marterloch ab und wandere von dort – je nach Startpunkt – zurück nach Bundschen oder Afing.

Dauer: ca. 3 Stunden.

Spannweite: 272 Meter

Höhe über dem Boden: ca. 130 Meter

Höhendifferenz zwischen den Brückenenden: 9 Meter

Breite des Fußgängerstegs: 1,20 Meter

Gesamtgewicht: zwischen 110 und 145 Tonnen (abhängig von der Wasserfüllung)

Tragkraft: 4 Hauptseile mit je 56 mm Durchmesser halten jeweils bis zu 215 Tonnen

Befestigung: Jedes Seil ist mit einem 30 Meter langen Anker im Porphyrfelsen verankert

Technische Besonderheit: Unterhalb des Stegs verläuft ein Gussrohr für die Beregnung (Durchmesser: 40 cm)

Auf Entdeckungstour: Ein Wanderung durch Natur, Geschichte und Technik

Infotafel 01
Maria vom guten Weg: Ein Kreuzzeichen für die sichere Fahrt

In Bundschen weitet sich das Sarntal nach der zwölf Kilometer langen Felsschlucht. Hier wurde 1747 ein Kirchlein errichtet und der Schwarzen Madonna von Maria Einsiedeln geweiht – als Zeichen des Schutzes und wohl auch der Dankbarkeit am Übergang von der Enge zur Weite.

 

Bis heute begegnen die Sarnerinnen und Sarner der gefährlichen Straße durch die Schlucht mit großem Respekt. Wer hier vorbeifährt – mit Auto, Bus, Motorrad oder Rad – macht meist ein Kreuzzeichen und spricht ein kurzes Gebet.

 

Errichtet wurde die Kirche von den drei größten Bauern der Umgebung: Dicker, Puntschuech (Bundsch) und Fiechter. Ihre Einweihung erfolgte 1748. Im Jahr 1882 wurde das Gebäude vergrößert. Die beiden Glöcklein stammen noch aus dem 18. Jahrhundert (1773 und 1784). Zuletzt wurde die Kirche 2024 renoviert.

 

Seelsorglich gehört Bundschen zur Pfarrei Sarnthein. Einen eigenen Priester gab es nie, und Messen werden nur etwa alle zwei Monate gefeiert.

 

Das Kirchlein zeigt typische barocke Formen: Türen und Fenster sind in den oberen Ecken geschweift abgeschrägt, das Tonnengewölbe mit einfachen Stuckmedaillons geschmückt, die Gottvater und die Heiligen Josef, Georg, Martin und Johannes Nepomuk darstellen. Sie stammen vermutlich von einem Bauernmaler aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

 

Der kleine Fassadenturm trägt einen achteckigen Spitzhelm aus Zinkblech. Die Einrichtung stammt großteils aus der Zeit des Umbaus 1882. Auf dem Altar steht eine Kopie des bekannten Gnadenbildes von Einsiedeln, die Schwarze Madonna. An der linken Seitenwand hängt ein Kruzifix aus dem 18. Jahrhundert.

Die 1747 erbaute Kirche von Bundschen, 2024 renoviert, ist der Schwarzen Madonna von Maria Einsiedeln geweiht und liegt direkt an der Sarntaler Hauptstraße. Das Patrozinium wird am 16. Juli gefeiert. Foto: Flora Brugger.
Infotafel 02
Vom Saumpfad zur Straße: Lebensader für Bauernhöfe

An dieser Stelle kreuzen sich der alte Saumpfad und die Zufahrtsstraße zu den Bauernhöfen von Unter- und Obervormeswald. Über Jahrhunderte hinweg war der Saumpfad die einzige Verbindung von Bozen ins Sarntal. Erst um 1900 wurde die Talstraße durch die Schlucht gebaut – zunächst entlang der Talfer, später höher in den Felsen geschlagen. Diese Zufahrtsstraße zu den Höfen entstand erst 1979/1980.

 

In Südtirol sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen – fast alle Bergbauernhöfe sowie der Großteil der Almen und Wälder über Güter- oder Forstwege erschlossen. Dieses „Ländliche Wegenetz“ bildet das Rückgrat der Erschließung abgelegener Höfe, und ohne diese Wege wären viele Siedlungen längst aufgegeben.

 

Im offiziellen Ländlichen Wegenetz sind alle öffentlich befahrbaren Zufahrten von ganzjährig bewohnten Höfen und Weilern erfasst. Insgesamt erstreckt es sich auf rund 3.440 Kilometer. In landwirtschaftlich geprägten Gemeinden wie Sarntal umfasst es 345 Wege mit fast 200 Kilometern Gesamtlänge.

 

Wege, die Landschaft und Lebensweise erhalten
Ohne diese kapillare Erschließung wäre Südtirol heute wohl nicht das, was es ist: ein Land aktiver Berglandwirtschaft, gepflegter Kulturlandschaften und sanften Tourismus'. Die Höfe wären nicht bewirtschaftet, die Almen nicht erreichbar, viele Täler entvölkert.

 

Erhaltung vor Neubau
Die heutige Bautätigkeit konzentriert sich auf Instandhaltung, Sanierung, Sicherung und punktuelle Verbesserungen bestehender Wege. Neubauten betreffen meist Trassenverlegungen oder Wiederherstellungen nach Schadereignissen.

 

Auch der Weg, auf dem Sie sich hier befinden – zwischen Bundschen, Marterloch und Afing – ist Teil dieses funktionalen Netzes. Sein Erhalt dient der Bevölkerung ebenso wie Gästen, die hier Natur, Geschichte und Alltag der Bergbauern erleben.

Infotafel 03
Bewässerung: 100 Sekundenliter Wasser für Jenesiens Wiesen und Felder

Unter diesem Weg verläuft ein über 20 Kilometer lange Beregnungsleitung und bringt Wasser aus dem wasserreichen Sarntal in eine der trockensten Regionen Südtirols – auf den Tschögglberg nach Jenesien. Die Leitung transportiert das Wasser ausschließlich per Eigendruck, überwindet 350 Höhenmeter und transportiert bis zu 100 Liter Wasser pro Sekunde. Der Rohrdurchmesser beträgt 50 Zentimeter.

 

Über Jahrzehnte hinweg wurden verschiedenste Projekte geplant und wieder verworfen, um die landwirtschaftlichen Flächen am Tschögglberg mit Wasser zu versorgen. Mit dem Bau der Leitung wurde schließlich 2021/2022 begonnen. Besonders herausfordernd waren die geologischen Verhältnisse: 10.000 Kubikmeter Porphyrgestein mussten gesprengt, entlegene Abschnitte mit dem Hubschrauber beliefert werden. Teilweise wurde an bis zu 15 Baustellen gleichzeitig gearbeitet.

 

Seit 2024 fließt das Wasser über eine schub- und zuggesicherte Gussrohrleitung bis nach Jenesien. Sie versorgt eine Fläche von rund 200 Hektar landwirtschaftlichen Nutzlands. Damit ist die Wasserversorgung der Höfe auf dem Tschögglberg für die kommenden Jahrzehnte gesichert – auch in Zeiten zunehmender Trockenheit.

Die Verlegung der Rohre für die Bewässerungsleitung kurz vor dem Marterloch. Foto: Thomas Ohnewein
Infotafel 04
Vormeswald: Höhenweiler mit 12 Bauernhöfen

An dieser Stelle teilt sich der Weg nach Unter- und Obervormeswald. Der Höhenweiler Vormeswald ist eine der 28 Fraktionen des Sarntals und besteht aus zwölf Höfen, von denen zehn bereits im Mittelalter urkundlich erwähnt wurden.

 

Zu Untervormeswald gehören die Höfe Steger, Untersalmberg, Obersalmberg, Eirnberg, Martertal und Schuster. Zu Obervormeswald zählen Stalln, Steiner, Lahner, Oberhauser, Unterhauser und Thaler. Die Siedlung gliedert sich in zwei Stufen: Die unteren Höfe liegen auf einer Terrasse rund 1000 bis 1100 Meter über der Talsohle, während die oberen Höfe – Stalln, Stainer, Laner, Hauser und Thaler – auf bis zu 1380 Metern Höhe auf schmalen, zum Teil senkrecht abfallenden Felsvorsprüngen thronen.

 

Der südlich ausgerichtete Hang bietet nicht nur einen günstigen Sonnenverlauf, sondern auch einen weiten Blick über das Sarntal, nach Wangen, über den Ritten hinweg bis hin zu den Zinnen des Latemar. Die Wege zu diesen Höfen waren steil, schmal und oft gefährlich – über Jahrhunderte war der heutige Themenweg durch das Marterloch die einzige Verbindung zu den tiefer gelegenen Talorten. Noch heute vermitteln Hofnamen, Gebäudeformen und die Landschaft das dichte Zusammenspiel von Natur, Geschichte und bäuerlichem Leben in diesem abgeschiedenen Teil des Sarntals.

Blick von Niederwangen nach Vormeswald. Die Aufnahme stammt von Hugo Atzwanger. In der Zeit von 1939 bis 1943 fotografierte er im Auftrag der Kulturkommission des „SS-Ahnenerbe“ zahlreiche Bauernhöfe und Siedlungen in Südtirol. © Fotoarchiv Hugo Atzwanger, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde, Nr. F1858
Infotafel 05
Die Höfe Eirnberg und Martertal: Ausrasten nach der gefährlichen Schlucht

Hier, unmittelbar am Marterloch befinden sich die beiden Höfe Martertal und Eirnberg (früher auch „Eyrnberg“).

 

Aufgrund ihrer Lage am historischen Saumpfad von Bozen ins Sarntal boten sie über Jahrhunderte eine willkommene Raststätte für Händler, Lastenträger und Samer.

 

Der Saumpfad führte einst von Bozen über Schloss Rafenstein und Afing durch das Marterloch und von hier weiter nach Bundschen und ins Sarntal. Erst ab 1900 wurde eine Straße durch die Talsohle gebaut – zuvor war der Weg entlang der Talfer oft unpassierbar und wurde nach Hochwassern regelmäßig zerstört.

 

Der Eyrnberghof war mehr als ein Bauernhof: Ausgestattet mit romanischem Torbogen, Wehrturm und Schießscharten erfüllte er wichtige Aufgaben. Der Besitzer war für die Wegerhaltung zuständig und durfte im Gegenzug Wein ausschenken – zugleich war er verpflichtet, Samer aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren. In den Ställen war Platz für bis zu 40 Pferde.

 

Einer Sage zufolge wurde der Hof bereits zur Römerzeit als Wach- und Versorgungsposten eingerichtet – angeblich auf Anweisung des römischen Feldherrn Drusus.

 

 

Ein letzter Gruß am Martertalbrünnlein
Eine Erzählung nach Luis Oberkalmsteiner

 

in kühler Herbstabend senkt sich über die Hänge zwischen Rafenstein und Vormeswald. Entlang des alten Saumwegs, der sich von Bozen über Afing durch das Marterloch nach Sarnthein zieht, geht ein Mann allein. Die Jahre haben Spuren in sein Gesicht gegraben. Seine Kleidung ist alt und abgetragen, die einstige Tracht kaum noch erkennbar. Am Brünnlein tief unten in der Schlucht bleibt er stehen. Dann setzt er sich, erschöpft, und blickt hinüber zum Hof auf der anderen Talseite – ruhig und fest, wie ein Bild aus einer anderen Zeit.

 

Zehn Jahre ist es her, seit er hier Wasser schöpfte. Zehn Jahre, seit er sich an diesem Ort von einer jungen Frau verabschiedete. Sie hieß Marta – still, blond, mit wachen Augen. Damals, im Jahr 1810, wurden im Sarntal Männer zum Kriegsdienst einberufen. Dreißig sollten es sein. Das Los traf seinen jüngeren Bruder, doch der konnte den Hof nicht verlassen. Der Ältere, der nun hier sitzt, meldete sich an seiner Stelle. „Pass auf den Hof auf, bis ich zurückkomme“, hatte er gesagt. Dann zog er fort – mit einem Heer, das bis nach Russland marschierte. Nur wenige kehrten zurück. Er war einer davon.

 

Jetzt, im Jahr 1820, sitzt er wieder am Brünnlein. Still und fremd in seiner Heimat. Der Hof gegenüber scheint unverändert. Rauch steigt aus dem Kamin, die Wiesen sind gemäht. Doch dann steht da ein Kind. Blond, mit blauen Augen. Es sagt: Die Mutter heiße Marta, der Vater Sepp. Vier Kinder leben auf dem Hof. Sepp – der Bruder.

 

Der Mann lächelt matt. Er weiß, dass er nicht bleiben kann. Sein Opfer war groß – aber still. Und niemand hat auf ihn gewartet. Leise sagt er zum Kind: „Grüß deine Mutter. Sag ihr: Einer, der sie nicht vergessen hat, war heute am Brünnlein.“ Dann wendet er sich ab. Und geht. Den alten Saumweg zurück – ein zweites und letztes Mal hinaus in die Welt.

Infotafel 06
Rötegg: Sarner Porphyr

Der Sarner Porphyr ist ein vulkanisches Gestein, das hier durch seine hellrote bis rosa Farbe auffällt. Er wird unter anderem im nahegelegenen Steinbruch „Vormeswald“ abgebaut und zeichnet sich durch seine hohe Witterungsbeständigkeit sowie Frostsicherheit aus.

 

Geologisch gehört der Sarner Porphyr zur Bozner Quarzporphyrgruppe, die sich über Teile von Südtirol und des Trentino erstreckt und etwa 270 Millionen Jahre alt ist. Dieses Gestein entstand durch Ergüsse aus dem Erdinneren, die langsam und unter hohem Druck erstarrten. Im Gegensatz zum Granit, der tief im Erdinneren kristallisierte, kühlte der Porphyr an oder nahe der Erdoberfläche ab. Dadurch zeigt er eine charakteristische porphyrartige Struktur. Sein Farbe kann von Grauweiß bis Grün, Lila und Blauschwarz  schwanken; meistens ist er aber rot - daher auch sein Name: denn das griechische Wort porphyrus bedeutet purpurfarben.

 

Der Abbau des Porphyrs erfolgt seit Mitte der 1980er Jahre im Steinbruch Vormeswald, der in Obervormeswald oberhalb der Salmberghöfe liegt. Der Steinbruch liegt in etwa 1.300 bis 1.500 Metern Höhe. Der Abbau erfolgt auf einer Fläche von rund 7 Hektar stufenweise von oben nach unten, wobei moderne Maschinen eingesetzt werden, um die Steine möglichst schonend zu gewinnen.

 

Der Sarner Porphyr wird vor allem im Wasserbau eingesetzt, etwa zur Stabilisierung von Ufern und Böschungen, sowie beim Bau von Zyklopenmauern, also massiven Trockenmauern aus unregelmäßig geformten Natursteinen. Kleinere Bruchstücke werden zu Mauersteinen verarbeitet, größere Blöcke dienen als Rohware für Platten verschiedener Stärken. Außerdem finden sich Bodenplatten aus Sarner Porphyr, die begeh- und befahrbare Flächen im Innen- und Außenbereich bilden.

 

Der Sarner Porphyr ist somit ein regional bedeutender Naturstein, der durch seine Haltbarkeit und Vielseitigkeit zur Baukultur und Landschaftsgestaltung in Südtirol beiträgt.

10.000 Kubikmeter Porphyrgestein mussten für die Verlegung der Wasserleitung gesprengt werden.
Infotafel 07
Die Hängebrücke über das Marterloch: Fußgängerverbindung und Beregnungsleitung

Mit einer Höhe von etwa 130 Metern über dem Boden und einer Spannweite von 272 Metern ist die Hängebrücke über das Marterloch eine beeindruckende technische Konstruktion, die 2023/2024 errichtet wurde. Die Brücke verbindet als Fußgängerübergang die beiden Seiten des tief eingeschnittenen Tals und ist mit einer Breite von 1,20 Metern optimal für Wanderer ausgelegt.

 

Die Brückenkonstruktion zeichnet sich durch eine Höhendifferenz von 9 Metern zwischen den beiden Brückenköpfen aus, wodurch sie sich harmonisch in das Gelände einfügt. Das Gesamtgewicht der Brücke variiert zwischen 110 und 145 Tonnen, abhängig von der Wasserfüllung des unter ihr verlaufenden Rohres.

 

Tragfähigkeit und Sicherheit garantieren vier Hauptseile mit jeweils 56 Millimetern Durchmesser, die bis zu 215 Tonnen Last tragen können. Jedes dieser Seile ist sicher mit einem 30 Meter langen Anker im Porphyrfels verankert.

 

Eine technische Besonderheit der Brücke ist die unterhalb verlaufende Gussrohrleitung mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern, die für die Beregnung von landwirtschaftlichen Flächen dient. Über diese Leitung wird Wasser für rund 200 Hektar Landwirtschaft im Gebiet von Jenesien transportiert.

 

Wusstest du, dass…?

…die Hängebrücke über das Marterloch 272 Meter lang ist?
Das ist so lang wie ungefähr 3 Fußballfelder hintereinander!

…die Brücke etwa 130 Meter über dem Boden schwebt?
Das ist so hoch wie 20 Giraffen, die aufeinander stehen!

…die zwei Enden der Brücke einen Höhenunterschied von 9 Metern haben?
Das ist fast so hoch wie ein dreistöckiges Haus!

…die Brücke zwischen 110 und 145 Tonnen wiegt?
Das entspricht dem Gewicht von etwa 180 bis 240 Kühen der Rasse Tiroler Grauvieh.

…unter der Brücke Wasser mit einer Geschwindigkeit von 100 Litern pro Sekunde fließt?
das entspricht 500 großen Kübeln, die jede Sekunde ausgeschüttet werden!

Infotafel 08
Der alte Saumpfad: Gefährliches Nadelöhr

Über Jahrhunderte war dieser historische Saumpfad die einzige Verbindung zwischen Bozen und dem Sarntal. Generationen von Menschen nutzten ihn für den Handel. Für die Bäuerinnen und Bauern war der schmale Steig durch das Marterloch die einzige Möglichkeit, Eier, Schmalz und andere Hoferzeugnisse nach Bozen zu bringen und dort auf dem Markt zu verkaufen.

 

Zur Verkehrslage im Sarntal
aus der Bozner Zeitung, 7. September 1891

 

Mit dem Verkehre haben wir unsere liebe Miesere. Mit Saumpferden und Eseln muß man halt das Marterloch passieren – ein gefährlicher Weg, namentlich zur Winterzeit. Vor ein paar Tagen ist ein Saumpferd, mit allerhand, dem Grafen Forni gehörigen Dingen beladen, vom Saumpfade abgestürzt. Das Thier war tot und die meisten Frachtgegenstände total ruiniert.

 

Einen neuen Thalweg wollen alle bauen. Man hofft, vom Lande oder Reiche ein unverzinsliches Darlehen von 200.000 fl., das mit dem erhöhten Zollerträgnisse allmählich getilgt werden soll. Wenn das Thal nicht abgeschlossen bleiben soll von der Welt, muß an Aehnliches gedacht werden.

 

Gemeindeausschuß und Interessenten sind unermüdlich thätig, insbesondere unser Postmeister Gänsbacher, Gemeindevorsteher Kienzl und Altvorsteher Gruber. Da Sarntal mehr als für das halbe Jahr Nahrungsmittel einführen muß, gehört bei solchen Verkehrsverhältnissen bei uns eine Hungersnoth nicht in den Bereich der Unmöglichkeiten.

 

Quelle: Bozner Zeitung, 7. September 1891

Ausschnitt aus der Bozner Zeitung vom 7. September 1891: Der schlechte Zustand des Verkehrswegs durch das Marterloch wird beklagt – samt Absturz eines mit Waren beladenen Saumpferdes wohl an genau dieser Stelle.
Infotafel 09
Der Marterlochbach: Grenze und Grenzerfahrungen

Hier verläuft der Marterlochbach, der für einige Jahre die Grenze zwischen den Königreichen Bayern und Italien bildete (1810–1814). Im Zuge der napoleonischen Kriege musste Österreich 1805 die Grafschaft Tirol an das mit Napoleon verbündete Bayern abtreten. Im Jahr 1809 erhoben sich die Tiroler unter Andreas Hofer gegen Bayern und Franzosen, doch der Aufstand wurde niedergeschlagen.

 

Mit dem Friedensvertrag von Schönbrunn 1810 wurde eine neue Grenze zwischen Bayern und dem napoleonischen Königreich Italien festgelegt – und verlief für fast vier Jahre durch das Marterloch. Erst mit dem Pariser Frieden im Mai 1814 kehrte Tirol zu Österreich zurück.

 

Die beiden Kartenausschnitte zeigen: Nach den napoleonischen Kriegen musste Österreich im Jahr 1805 die Grafschaft Tirol an das mit Napoleon verbündete Bayern abtreten. Im Jahr 1809 kam es unter der Führung von Andreas Hofer zum Tiroler Aufstand gegen die bayerisch-französische Besatzung. Nach der österreichischen Niederlage bei Wagram wurde am 14. Oktober 1809 der Friede von Schönbrunn unterzeichnet. Im August 1810 erfolgte schließlich die Festlegung einer neuen Grenze zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Italien – damit wurde das Marterloch für knapp vier Jahre zum Grenzgebiet. Erst mit dem Pariser Frieden im Mai 1814 kehrte Tirol wieder an Österreich zurück.

Infotafel 10
Die verfallene Mühle

Diese Mühle und ihre Mühlsteine spielten einst eine zentrale Rolle in der Versorgung der nahe gelegenen Schmalzhöfe. Hier wurde das Korn gemahlen, das für Brot und andere Grundnahrungsmittel unerlässlich war. Viele Höfe verfügten spätestens ab dem 17. Jahrhundert über eine eigene Mühle und einen Backofen.

 

In unmittelbarer Nähe dieser Mühle muss auch eine hölzerne Überdachung, eine sogenannte „Schusstenne“, gewesen sein. Sie schützte die vorbeiziehenden Menschen vor herabstürzenden Felsen und dem Wildbach. Ludwig Steub beschreibt das „schauerliche“ Marterloch 1846 mit folgenden Worten: 

 

Unter Wasser leben – Das Marterloch mit den Augen des 19. Jahrhunderts

Nach Ludwig Steub, „Drei Sommer in Tirol“ (1846)

 

Der Eingang ins Sarntal wird von einer wilden Schlucht geprägt – einem „großartigen Tobel“, wie Ludwig Steub ihn nannte. Der alte Weg führte hoch über dem Bachbett an den roten Porphyrwänden entlang, oft ohne Sicht in die Tiefe, da das Gestein steil und abweisend abfiel. Auf der gegenüberliegenden Talseite zogen sich felsige Rücken und bewaldete Höhenzüge, von kleinen, bewirtschafteten Tälern durchzogen.

 

Zur Seite des Pfades liegt Afing, mit einigen weißen Häusern und dem spitz aufragenden Kirchturm. Eine Stunde dahinter, so beschreibt Steub, „droht am Wege das Marterloch“ – ein schmaler, zerklüfteter Felsenriss im roten Porphyrgestein. Steile Überhänge türmen sich über dem Weg, das Gestein wirkt zerborsten und unheimlich. Eine hölzerne Schutzeinhausung überspannt den Weg – ein Dach auf dicken Balken, über das ein Wildbach nur zur Regenzeit fließt.

 

Steub stellt sich vor, wie es sein müsse, gerade dann unter diesem Dach hindurchzugehen, wenn der vom Gewitter angeschwollene Bach tosend darüber hinwegschießt und Steine mit sich reißt. Die Sarner, so bemerkt er mit einem Schmunzeln, nennen diesen Ort die „größte Denkwürdigkeit des Tales“ – denn hier könne ein Mensch „unter dem Wasser leben“.

 

Wenig später senkt sich der Weg hinunter in die Talsohle – und mit dem Abstieg endet die wilde Dramatik der Landschaft. Das Tal öffnet sich, und der Wanderer gelangt in eine sanftere, bewohnte Gegend.

Infotafel 11
Abstieg ins Marterloch: Gefahren und Geschichten

Über Jahrhunderte führte von hier aus der Abstieg in die gefährliche Schlucht des Marterlochs. Der Sprachwissenschaftler und Historiker Egon Kühbacher schrieb dazu: „Viele Menschen und Tiere haben an diesen Abgründen den Tod gefunden. Wegen dieser schauderhaften Ereignisse und den Ängsten und Marterqualen, die die Reisenden beim Überqueren der Schlucht zu erleiden hatten, entstand der Name.“ Auch heute beeindruckt der Weg durch die Schlucht mit seiner wilden, dramatischen Landschaft und erinnert an die Herausforderungen, denen sich Reisende über Jahrhunderte hinweg stellen mussten.

 

Durch das Marterloch nach Vormeswald

Nach einer Wegbeschreibung von Johann Jakob Staffler (1844)

 

Hinter Afing schlängelte sich der alte Saumweg mit wechselndem Gefälle und in engen Windungen weiter zum berüchtigten Marterloch – einer tief ausgehöhlten Felsenschlucht, durch die der Durchgang nur unter dem Schutz einer hölzernen Schusstenne möglich war. Über diese Tenne donnerten im Frühling und Sommer bei Gewittern Geröllmassen eines Wildbachs, im Winter rollten Schneelawinen durch die enge Rinne.

 

Eine schmale, schlechte Brücke überspannte den Martertalbach, der von Westen nach Osten der Talfer zufloss. Hier verlief die Grenze zwischen den Gerichtsgemeinden Karneid und Sarntal. Zur Linken türmten sich zwischen dunklem Föhren- und Fichtenwald gewaltige rote Porphyrwände senkrecht in den Himmel. Zur Rechten klafften tiefe Abgründe, die selbst mutige Wanderer erschreckten. Viele Unglücksfälle, bei denen Menschen und Tiere in den Tod stürzten, machten diesen Ort berüchtigt.

 

Jenseits des Marterlochs begann das Sarntal. Der steile Pfad führte weiter am rechten Talferufer entlang, über morsche, abbruchgefährdete Felsen zu den ersten Höfen von Untervormeswald. Staffler nennt sechs Höfe mit insgesamt 47 Bewohnern, die direkt am Weg lagen. Weiter oben, im waldreichen Gelände, lagen die Höfe von Obervormeswald, ebenfalls sechs an der Zahl, mit weiteren 36 Bewohnern.

 

Diese und weitere eindrucksvolle Wegbeschreibungen finden sich in moderner Aufbereitung im Buch
„Auf Sarner Wegen“ von Karl Georg Kröss.

Infotafel 12
Brems: Die Transportinnovation

Bevor es motorisierte Fahrzeuge gab, war der Transport schwerer Güter in dieser steilen Gegend äußerst beschwerlich. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden in Afing mehrere Materialseilbahnen – sogenannte „Bremsen“ –, die ursprünglich für den Holztransport errichtet wurden. Bald schon nutzte man sie auch für den Güter- und Personentransport – anstelle der oft gefährlichen Wege und Karrensteige.

 

Die Funktionsweise der Bremsen ist einfach und genial: Über ein oder zwei Tragseile verläuft das „Wagele“, eine Transportvorrichtung, die an einem Zugseil hängt. Dieses Seil wird an der Bergstation über Rollen geführt und mithilfe einer Bremsvorrichtung gesteuert, sodass die Last kontrolliert talwärts bewegt – also „abgebremst“ – werden kann. Gleichzeitig kann eine leichtere Last bergwärts befördert werden. Später sorgten Motoren für Unabhängigkeit vom Gegengewicht: Die Talfahrt wurde gebremst, die Bergfahrt durch Motorkraft gezogen.

 

Bis heute ist die „Brems“ beim Hinterschmalz in Betrieb – eine der letzten ihrer Art.

Auch zur Personenbeförderung wurden die rudimentären Seilbahnen eingesetzt. Foto: Privatsammlung Familie Lanznaster.
Infotafel 13
Schmalz: Aufgeteilt und (fast) wieder vereint

Der Schmalzhof war lange Zeit ein einziger, großer Hof in Hinterafing. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde er in Vorder- und Hinterschmalz aufgeteilt. Später entstanden weitere Höfe – das Schmalzgütl (Puhin), Mitterschmalz und Oberschmalz (Tschatterhütt) –, sodass schließlich fünf Familien hier lebten. Mitterschmalz und Oberschmalz gingen später im heutigen Außerschmalz auf, während das Puhingut wieder zu Hinterschmalz zurückkehrte.

 

Der Kirchweg der Hinterafinger Bauern war lang und mühsam. Der Messner in Jenesien durfte an Sonntagen erst mit dem Glockenläuten beginnen, wenn der Hinterschmalzer beim Thurner gesichtet wurde.

Infotafel 14
Sosberg und Eichrast: Orte der Rast

Unterhalb der Straße liegt der Eichrasthof, dessen Name „Rastplatz an einem Eichenwald“ bedeutet. Bergwärts führt der Weg hinauf zum Sosberger. Der Name stammt vom mittelhochdeutschen diu saze und bedeutet Rastort, Versteck oder Lagerplatz von Wildtieren. Über 100 Jahre lang lebten hier sogar zwei Familien.

 

Solche Orte waren für Reisende auf dem Saumpfad wichtige Rastplätze auf dem Weg zwischen Bozen und dem Sarntal.

Infotafel 15
Eichrastloch: Naturgewalten und Mythen

Neben dem Marterloch beeindruckt auch das Eichrastloch (im lokalen Dialekt „Hohrastloch“) als wilde Schlucht, in der die Kraft der Naturgewalten spürbar wird. Im Oberlauf des Baches liegen die „Höllengånn“ und die „Menigånn“ – große „Steinlammern“ – Geröllfelder voller kleiner und mittlerer Felsbrocken, die durch Felsstürze entstanden sind. Der Überlieferung nach soll in der Höllengånn ein Goldschatz verborgen sein. Auch die „Manzklüft“, beeindruckende Felsklüfte, befinden sich hier. Der Sage nach wurden sie vom Hexenmeister Manz verursacht, der mit einem Felssturz den Zugang ins Sarntal versperren wollte. Diese Geschichten und die imposante Landschaft machen das Eichrastloch zu einem Ort der Mythen und Naturgewalten.

 

Der Zorn des Hexenmeisters Manz

Wie eine gewaltige Unwetternacht die Sarner das Fürchten lehrte. Nach Gertrud Oberkofler, „Hexen, Salige, Ritter und wilde Mander“, 2008.

 

Man erzählt sich, dass der Hexenmeister Manz einst tief gekränkt war – ausgerechnet von den Sarnern, die ihn verspottet hatten. Aus Rache wollte er das Tal mit einem gewaltigen Felssturz versperren und das Sarntal in einen See verwandeln. Auf dem Schwarzegg soll er den Wetterteufel beschworen haben – das Geistergeschrei war bis nach Furst und Valpigon zu hören.

 

Schon am Vorabend war das Vieh unruhig, schwarze Wolken jagten über den Himmel, und in den Höfen geschahen unheimliche Dinge: Riesige Kröten krochen über den Hohlweg, eine riesige Fledermaus umkreiste das Haus beim Furst, wagte sich aber nicht am Wegkreuz vorbei. Am Graslanderhof sprach das kleine Kind plötzlich von einem drohenden Unheil – der Schutzengel habe es ihm gesagt.

 

Mit Einbruch der Nacht zog das Unwetter auf: Kohlschwarze Wolken wälzten sich heran, Windstöße rissen die Bäume nieder, und der Boden barst auf – es entstanden haushohe Spalten und Rinnen. Nur ein altes Wetterkreuz überstand den Sturm unversehrt.

 

Doch als in allen umliegenden Dörfern die Glocken zu läuten begannen – in Afing, Wangen, Jenesien, Kampidell, Flaas und Lafenn – und die Menschen beteten und geweihte Kerzen entzündeten, verlor Manz die Kontrolle über die entfesselten Kräfte. Ein letzter Donnerschlag hallte durch die Berge, und der Spuk war vorüber.

 

Die Spuren jener Nacht aber sind geblieben: noch heute sind nördlich des Menihofs gewaltige Felsklüfte zu sehen – die Manzklüfte, geformt von einem wütenden Zauberer und einer Nacht, die alles veränderte.

Die Manzklüfte sind beeindruckende Felsklüfte, von denen man erzählt, dass sie vom Hexenmeister Manz verursacht wurden. Er wollte nämlich durch einen Felssturz den Zugang ins Sarntal versperren.
Infotafel 16
In der Dick: Der Geschichtenerzähler und die Legenden

Der Dickerhof gehört zu den ältesten Höfen in Afing. Sein Name stammt aus dem Mittelhochdeutschen diu dicke und bedeutet „Dickicht“ oder „undurchdringliches Gebüsch“. Einst erstreckte sich der Hof bis in den Talgrund hinunter, wo an der Talfer eine Hofmühle betrieben wurde.

 

Hier lebte von 1812 bis 1859 das „Dicker Hansele“, ein eifriger Nachfolger Till Eulenspiegels und Meister der spitzen Zunge. Geboren am 29. Februar, also nur alle vier Jahre mit Geburtstag gesegnet, galt er schon früh als sonderbarer, scharfsinniger Kopf. Noch heute erzählt man sich in Afing seine Geschichten – manchmal staunend, oft lachend.

 

Sein trockener Humor war ebenso legendär wie seine Sprachkunst. Als sein Bruder „Jaggele“ beim Nussschütteln vom Baum stürzte und regungslos liegen blieb, kam Hansele seelenruhig nach Hause. Auf die besorgte Frage der Mutter, wo denn der Kleine sei, sagte er nur: „Draußen liegt er.“ – „Wo draußen?“ – „Beim Nussbaum.“ – „Ist er etwa heruntergefallen?“ – „Sell ist er freilich.“

 

Auch beim Kochen nahm er es wörtlich: Auf die Anweisung, Knödel zu machen und “einen wirst du wohl zuweg bringen”, bereitete er einen einzigen, riesigen Knödel zu, der allein im Topf schwamm. Als die Mutter ihn verärgert fragte, warum er das getan habe, antwortete er nur: „Ihr habt ja gesagt: einen Knödel.“

 

Besonders gern legte er sich mit dem Rappbauer an, einem Besitzer des kleinsten Höfls weit und breit. Hansele verbreitete absichtlich absurde Geschichten, etwa dass dort so viele Erntehelfer im Einsatz seien, dass man das Mittagessen mit einer Mistgabel vom Leiterwagen hinunterreichen musste – und dass unter den Knechten Christen, Juden und Protestanten gewesen seien, so viele waren es.

 

Ob er das alles wirklich erlebt oder einfach nur gut erfunden hat? Wer weiß. Sicher ist nur: Das Dicker Hansele bleibt im Gedächtnis – als ein listiger, sprachgewandter und unvergesslicher Afinger Original.

"In der Dek in Hinterafing, der untere Hof außerhalb Schmalz", so die originale Bidlbeschriftung des Fotos von Hugo Atzwanger aus ca. 1940.
Infotafel 17
Afinger „Keschtn“: Die Kastanientradition

Jenesien ist die Gemeinde mit den meisten Kastanienbäumen in ganz Südtirol. Besonders viele – darunter einige sehr alte Exemplare – wachsen rund um Hinterafing. In dieser trockenen Gegend wurden Kastanien seit Jahrhunderten gezielt angepflanzt, um die Versorgung der Höfe zu sichern und drohende Hungersnöte zu verhindern. Als nahrhafte, gut lagerbare Früchte zählten sie einst zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln.

 

Die Afinger Kastanie ist eine regionale Spezialität: Sie gilt als besonders süß und wohlschmeckend. Ihre gesunden, glutenfreien Früchte sind ein fester Bestandteil beim traditionellen Törggelen, wenn im Herbst der neue Wein verkostet wird.

 

Nicht nur die Frucht, auch das Holz der Kastanienbäume ist wertvoll: Es ist besonders widerstandsfähig und wurde seit jeher zum Bau von Pergeln (Weinlauben) in den Rebanlagen verwendet – ein schönes Beispiel für die vielseitige Nutzung dieser traditionsreichen Baumart.

Entnigeln der Kastanien beim Unterbuech im Jahr 1974. Foto: privat.
Infotafel 18
Prunnach: Fruchtbare Flure und Biodiversität

Der Hof Prunnach wurde erstmals 1288 unter Meinhard II. erwähnt. Sein Name, „quellenreiche Fluren“, verweist auf die fruchtbare Landschaft mit einer guten Wasserversorgung für Wiesen und Äcker. Im Spätmittelalter entstanden aus Prunnach die Höfe Außerbrunn, Hinterbrunn und Oberbrunn (Menig). Auf den Brunnerhöfen wurde seit jeher Getreide- und Obstbau betrieben – begünstigt durch die günstige Lage und die ertragreichen Böden. 

 

Besonders wertvoll sind die Streuobstwiesen, die sich (wieder) rund um die Höfe erstrecken. Viele dieser Flächen sind über die Jahrhunderte hinweg erhalten geblieben oder wurden in jüngerer Zeit neu angelegt. Streuobstwiesen verbinden ökologischen Nutzen mit kulturellem Erbe: Sie bieten unzähligen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum, tragen zur Artenvielfalt bei und bewahren eine ursprüngliche Form der Landwirtschaft, die eng mit dem Rhythmus der Jahreszeiten verbunden ist.

 

Die Windtearnmacher von Außerbrunn
Volkskundliche Notizen aus dem Nachlass von P. Franz Sales Resch († 1971)

 

Die Brüder Josef Gabriel und Alois Josef Oberkofler lebten mit ihrer Schwester im Brunnerhäusl auf dem Afingerberg, einst Teil des Ausserbrunnerhofs. Der eine war Kirchenmusiker, der andere Uhrmacher – beide bekannt für ihr handwerkliches Geschick und ihren Humor.

 

 Besonders berühmt wurden sie durch ihre „Windtearn“: kleine Laternen aus gefaltetem Papier mit einer Kerze darin. In einer Zeit ohne Strom erleuchteten sie dunkle Wege und dichte Wälder – eine einfache, aber geniale Erfindung. Die Windtearn war zugleich nützlich und poetisch, ein Symbol für Licht in dunkler Nacht und für die Gabe, mit wenig Mitteln Großes zu bewirken.

 

Die Brunnerbuben hätten auch in der modernen Welt ihren Platz gefunden, etwa beim Bau elektrischer Anlagen – doch sie blieben ihrem einfachen Leben treu. Ihr Lachen, ihre Lebensfreude und ihre erfinderische Art machten sie weitum bekannt. Wer sie besuchte, ging nie ohne ein Lächeln. Ihre kleinen Streiche und Geschichten sind es wert, bewahrt zu werden – als Zeugnis einer bodenständigen, erfinderischen Lebensweise.

Blick auf Wangen vom Brunner aus. Foto: Hugo Atzwanger, um 1940.
Infotafel 19
Harte Lebensbedingungen: Von den „Gråmpen“ zum Hofladen

Das Leben auf den steilen Höfen von Afing war karg. Frauen trugen einst als sogenannte „Gråmpen“ – ein mundartlicher Begriff für Kleinverkäuferinnen – zum Familieneinkommen bei, indem sie Birnen, Kastanien, Pilze und Beeren in Bozen und Sarnthein verkauften. Der Saumpfad durch das Marterloch war für sie über Generationen hinweg die einzige Verbindung zu den Märkten. Bis heute erinnert die sogenannte „Gråmpenrast“ – ein flacher Stein am Wegrand – an die mühsamen Wege und kurzen Pausen vor dem Abstieg. Heute erfolgt der Verkauf bequemer über Hofläden – eine zeitgemäße Fortsetzung einer alten Tradition.

 

Die Gråmpen
Nach einer Erzählung von Luis Oberkalmsteiner aus dem Jahr 1968

 

Neben den Fuhrleuten – den „Tschanderern“, deren Arbeit längst von Motorfahrzeugen abgelöst wurde –, gibt es im Sarntal bis heute (1968) eine eigene Gilde: die Gråmpen. Sie sind aus dem Alltagsbild des Tales nicht wegzudenken. Einst trugen sie zur Versorgung der Landeshauptstadt Bozen bei – eine stille, aber unverzichtbare Verbindung zwischen Berg und Stadt.

 

Die Gråmpen – meist Sarner Bäuerinnen – bilden eine eigene Welt. Ihre „Residenz“ lässt sich schwer festmachen: Man begegnet ihnen in der Bozner Bindergasse, beim Bauernmarkt oder auf ihrem heimischen Hof – doch zu Hause sind sie selten anzutreffen. Ausgestattet mit „Zögger“ oder Tragekorb, bringen sie Butter, Käse, Eier und Wolle zum Markt. Die Preise berechnen sie aus dem Kopf – Adam Riese hat bei ihnen keinen Platz. In Zweifelsfällen wird der Bauer befragt, meist mit einem knappen „Lobt mi aus mit 06 Soch“. Wenn’s kompliziert wird, hilft die eigene Erfahrung – oder die der Gråmpenkollegin.

 

Gehandelt wird alles, was im Tal wächst oder gefertigt wird: von jungen und alten Hennen über Felle, gesponnene Wolle und Sarner Janker bis zu Kräutertees und Heilsalben. Die Gråmpen bringen aber auch Wünsche mit zurück auf den Hof: ein Fläschchen Parfum, Salben für Mensch und Tier – und, nicht selten, die neuesten Nachrichten aus der Stadt. Dabei verschwimmen Fakten und Klatsch – ganz im Sinne der Übermittlerin.

 

Der wöchentliche Bozner Markt ist ihre Bühne. Hier treffen sie auf Stammkundschaft, erledigen Botengänge, vermitteln Wohnungen und Pflegekräfte, verkaufen Beeren – und tauschen Neuigkeiten aus. Jede Gråmpin hat ihre Kundinnen und Kunden, die sie persönlich beliefert – oft bei Kaffee und Kuchen.

 

Verheiratete Gråmpen sind selten. Und wenn doch, dann trägt meist der Ehemann den Korb – reden darf er wenig. Eine Ausnahme war jene junge, hübsche Gråmpin, die sich einst den Postillionen angelte – und danach ihren Beruf an den Nagel hängte.

 

Die Gråmpen führen ein einfaches, entbehrungsreiches Leben – und hängen doch mit ganzer Seele daran. Reich wurde keine von ihnen. Auch nicht die legendäre „Mèsnerkatl“, langjährige Wortführerin der Gilde, die ganz Bozen kannte – und von allen gekannt wurde.

Die Frauen, die sogenannten „Grampm“ (mundartlich für Kleinverkäuferin oder Obsthändlerin), trugen zum Lebensunterhalt der Familie bei, indem sie in Bozen und auch in Sarnthein Birnen, Kastanien, Pilze und Beeren verkauften. Foto: Privat.
Infotafel 20
Afing - Abgelegen und doch erreichbar

Von hier aus führt der Weg hinein in die wildromantische Felsenschlucht des Marterlochs und über die imposante Hängebrücke – auf den Spuren eines uralten Verbindungsweges zwischen Bozen und dem Sarntal. 

 

Bitte bleiben Sie auf den markierten Wegen und nehmen Sie Abfälle wieder mit!

 

Der Name „Afing“ geht auf das lateinische avia zurück – ein Begriff für entlegene Gegenden. Tatsächlich war Afing über Jahrhunderte nur schwer zugänglich. Gleichzeitig war es aber keineswegs abgeschieden: Vom Tal der Talfer bis zu den Hochflächen des Schwarzegg durchziehen mehrere Wege das Gebiet, das vom Afinger Bach (auch Dorner-Bach genannt) und dem Moar-Bachl durchflossen wird. Noch heute erinnern Kastanienhaine, Magerwiesen und Viehweiden an die kleinstrukturierte Landwirtschaft, die hier einst das Leben prägte.

 

Besonders bedeutend war die Wegverbindung über Afing ins Sarntal: Sie führte einst vom Bozner „Badlwirt“ bei der Talferbrücke – nahe dem heutigen Siegesdenkmal – über St. Anton und die Burg Rafenstein ins Marterloch und weiter nach Sarnthein. Diese Verbindung war mehr als ein Fußweg: Sie wurde von Säumern, Trägerinnen, Ochsenkarren und Pferdefuhrwerken genutzt. Die tief eingefurchten Rinnen im Pflaster, bis heute sichtbar, zeugen vom jahrhundertelangen Verkehr über diesen „Gebirgspass“ mitten in der Nähe der Stadt.

Postkartenansicht von Afing aus der Zeit, als noch keine Straße in das Dorf führte. Foto: privat.

Tipps für einen nachhaltigen Besuch

Nutze die öffentlichen Verkehrsmittel! Die Straße zu den Höfen ist eng und bietet kaum Ausweichmöglichkeiten. Richtung Marterloch gibt es keine Parkplätze.

 

E-Bike sicher abstellen: An beiden Brückenköpfen findest du Fahrradständer, um dein Rad sicher abstellen und absperren kannst, um die Schlucht und die Brücke zu Fuß zu erkunden.

 

Bleib auf den markierten Wegen und hinterlasse keinen Müll.

 

Für ein sicheres Erlebnis: festes Schuhwerk und Schwindelfreiheit!

Dein Weg zum Erlebnispfad Marterloch

Anreise leicht gemacht

Plane deine Anreise nach Bundschen oder Afing und entdeck den Erlebnispfad Marterloch. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln – der Weg dorthin ist ebenso abwechslungsreich wie das Ziel selbst. Erkunde die malerische Umgebung und genieße die Südtiroler Natur hautnah.